0

Oktoberfest

Eine Erzählung/A Story - 'München hat mich beinahe umgebracht'/'Munich almost killed me', Ein Brief/A Letter, 200 Years Oktoberfest: Anniversary Edition/Jubiläumsband: 200 Jahre Wiesn - Dt/engl

Erschienen am 16.08.2010
10,00 €
(inkl. MwSt.)

Lieferung auf Anfrage

In den Warenkorb
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783717540830
Sprache: Deutsch
Umfang: 108 S., 4 s/w Illustr., mit 4 Schwarz-Weiß-Abbildu
Format (T/L/B): 1.5 x 17.5 x 11.2 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Zweisprachige Jubiläumsausgabe Das größte und schönste Volksfest der Welt - gefeiert vom US-amerikanischen Starautor Thomas Wolfe. Dieses literarische Wiesn-Schmankerl lotet alle Höhen und Tiefen des feuchtfröhlichen Spektakels aus. Es zeigt, wie man sich in München verlieben und unter Bayern sein weiß-blaues Wunder erleben kann.Festbier, Tracht und Prügel - «München hat mich beinahe umgebracht», stöhnte Thomas Wolfe nach einer Wiesnschlägerei. Doch trotz gebrochener Nase und etlicher Platzwunden hielt er seiner Schicksalsstadt zeitlebens die Treue. Kein Ort auf der Welt bezauberte den großen amerikanischen Schriftsteller mehr, kein Ort bescherte ihm - im Guten wie im Bösen - so überwältigende Gefühle. Auf höchst amüsante Weise wird in diesem Buch geschildert, wie aus dem Greenhorn aus North Carolina ein München-Liebhaber und Wahlbajuware wurde. Wolfe offenbart sein Schwanken zwischen Befremden und Faszination angesichts endemischer Bierseligkeit, seine aufflammende Begeisterung beim Mitschunkeln, das Glück rauschhafter Hingabe. Und nach jäher Ernüchterung finden sich just in Oberammergau segensreiche Hände, die dafür sorgen, dass die ramponierte Dichterstirn auch wieder verheilt. Ausstattung: Mit 4 Schwarz-Weiß-Abbildungen

Leseprobe

An einem Sonntagnachmittag Ende September machte ich mich in Begleitung von Heinrich Bahr zur Theresienwiese am Ostrand Münchens auf, wo das Oktoberfest stattfand. Als wir am Bahnhof vorbei dem Festgelände zustrebten, begann es auf der Straße, wie auf allen Straßen dorthin, von Menschen zu wimmeln. Die Meisten von ihnen waren waschechte Münchner, aber viele waren auch Bayern vom Land. Diese Bayern waren stämmige Männer und Frauen, die der Menge mit den kräftigen Farben ihrer Tracht einen prächtigen Anstrich gaben - die Männer in ihren kunstvoll bestickten Festtagslederhosen und Strümpfen, die Frauen in ihren leuchtenden Kleidern und spitzenbesetzten Miedern, marschierten sie im federnden Schritt der Bergbewohner beherzt dahin. Diese Bauern hatten das makellose Fleisch und die gesunden Zähne von Tieren. Ihre glatten rundlichen Gesichter zeigten keine anderen Spuren als die von Sonne und Wind: Sie waren nicht angekränkelt von jenen Gedanken und Kümmernissen, die die Kraft eines Menschen aufzehren. Ich musterte sie mit einer jähen Anwandlung von Bedauern und zugleich Neid - so kraftstrotzend und frohgemut war ihr Dasein, und so viel schienen sie dadurch gewonnen zu haben, dass sie so viel verpasst hatten. Ihr Leben beschränkte sich auf einen Wunsch oder zwei - die Meisten von ihnen hatten noch nie ein Buch gelesen, ein Besuch in dieser magischen Stadt München war für sie ein Besuch im Herzen des Universums, und die Welt, die jenseits ihrer Berge existierte, war für sie in Wirklichkeit nicht existent. Als wir uns der Theresienwiese näherten, wurde das Gedränge so dicht, dass wir in unserem Vorwärtskommen behindert und gebremst wurden. Der mächtige Festlärm drang nun zu uns, und ich konnte die verschiedenen Bauten erkennen. Meine erste Empfindung, als ich die Wiesn betrat, war maßlose Enttäuschung. Was vor mir und um mich herum zu sehen war, schien einem kleinen, mittelprächtigen Coney Island zu gleichen. Da waren Dutzende von Buden und Hütten voll billiger Puppen, Teddybären, Bonbontüten, Schießscheiben, etc., samt dem ganzen Brimborium von doppelköpfigen Ungeheuern, Spukhäusern, fetten Damen, Zwergen, Handlesern, Hypnotiseuren und der ganzen ausgeklügelten Maschinerie zur Erzeugung von Schwindelzuständen: wirbelnde Wagen und Spielzeugautomobile, die über einen elektrifizierten Boden dahinschossen, alle voller Menschen, die freudig aufkreischten, wenn die verrückten Vehikel zusammenstießen und von einem Aufseher wieder voneinander getrennt wurden. Heinrich Bahr begann zu lachen und zu gaffen wie ein Kind. Die kindliche Begeisterungsfähigkeit dieser Leute war erstaunlich. Gleich Kindern schienen sie des ganzen bombastischen Rummels nie müde zu werden. Große fette Kerle mit kahlgeschorenen Köpfen und Nackenwülsten ritten auf umherwirbelnden und dahinflitzenden Gefährten, oder sie ritten, wieder und wieder, auf den auf- und niedersteigenden Holzpferden der Karusselle im Kreis herum. Heinrich war hingerissen: Ich jagte mehrmals mit ihm über die atemberaubenden Aufs und Abs der großen hölzernen viaduktähnlichen Bahn und wurde hinterher noch in etlichen Apparaturen schwindlig geschleudert und geschlagen. Endlich hatte Heinrich genug. Wir zogen langsam die wimmelnde Hauptstraße des Festgeländes hinunter, bis wir zu einem etwas ruhigeren Fleck am Rande der Wiesn kamen. Hier ließ ein Mann von einer kleinen Bühne einen Wortschwall in harschem Marktschreierdeutsch auf die Menge niedergehen. Neben ihm auf der Bühne stand ein junger Mann, dessen Rumpf und Arme in einer ärmellosen Segeltuchjacke gefangen und mit einer Kette gefesselt waren. Dann hörte der Marktschreier auf zu reden, der junge Mann steckte seine Füße durch Tuchschlingen und wurde an den Füßen in die Höhe gehievt, bis er verkehrt herum über der gaffenden Meute hing. Ich sah zu, wie er mit verzweifelten Bemühungen begann, sich aus Kette und Zwangsjacke zu befreien, bis ich merkte, wie sein Gesicht sich lila verfärbte und wie die großen Adern auf seiner Stirn in Stränge Leseprobe

Weitere Artikel aus der Kategorie "Belletristik/Erzählende Literatur"

Alle Artikel anzeigen